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Leben und Wirken von Priska Tschupp für SBK

Ehrenmitglied der SBK Sektion Zentralschweiz


Priska wird am 20. Juni 1934 als 2. Kind der Familie Tschupp Troxler in Sursee geboren. Sie ist am 28. März 2025 im Alters- und Pflegeheim Landgut Unterlöchli, Luzern, gestorben.

Im Alter von 14 Jahren muss sich Priska von ihrem langjährig schwerkranken Vater verabschieden. Für die ganze Familie ein grosser, schwer zu ertragender Verlust. Ihre Mutter bringt die Familie als selbständige Modistin-Kürschnerin durch. Die Töchter unterstützen ihre Mutter im Geschäftshaushalt.

Priska besucht als fleissige, sehr erfolgreiche Schülerin während drei Jahren die Sekundarschule in Sursee. Im gebundenen Schulheft der 3. Sekundarschule entpuppt sich Priska in ihren Aufsätzen bereits als potenzielle Schriftstellerin. Sie schreibt melodiös, wie sie das Singen erlebt. Auch die ersten mit Ansichtskarten dokumentierten Reiseberichte sind darin zu. 

Ausbildungszeit:

Von 1953 bis 1956 absolviert Priska die Ausbildung in Kinderkrankenpflege- Wochen und Säuglingspflege an der Schwesternschule in Hergiswil NW.

Von 1960 bis 1967 folgen Ausbildungen zur Instrumentierschwester im Operationssaal und zur Lehrerin für Krankenpflege an der damaligen Kaderschule für Krankenpflege SRK in Zürich. Ihre Kurskolleginnen und Kollegen erleben Priska in dieser Zeit als Erzählerin von spannenden Geschichten und haben zusammen auch viel gelacht. Für einen Zustupf zur Finanzierung der Ausbildungskosten erledigt sie Arbeiten als Abwartin der Villa an der Moussonstrasse, die als Schulgebäude diente.

Berufliche Laufbahn

Nach Ausbildungsende startet Priska sofort mit einer Führungsaufgabe als Ferienablös der Abteilungsschwester in der Pouponnière der Firma Nestle in Vevey.

Weitere berufliche Stationen sind die Wochenbettabteilung in Brugg, das Kinder- und Mütterheim in Hergiswil NW als Abteilungsschwester, die Universitätskinderklinik Bern auf der Medizinischen Abteilung und im Operationssaal bevor sie wieder zurück nach Brugg im Operationssaal instrumentierte.

Herausforderung als Schulleiterin und Oberschwester

Im Jahr 1965 wird Priska gefragt, ob sie den plötzlich frei gewordenen Posten als Schulleiterin und Oberschwester im Kinder- und Mütterheim in Hergiswil übernehme. Sie sagt JA und ist eingesprungen. Nach 2 Monaten Hospitation in der Kinderkrankenpflegeschule in München-Schwabing, übernimmt Priska diese beiden Führungsaufgaben definitiv.

1971 wird die Schwesternschule Hergiswil NW ans Kinderspital Luzern verlegt und neu konstituiert als Luzernisch-Solothurnische Schule für Kinderkrankenpflege (LU-SO). Dabei arbeitet sie eng zusammen mit den Verantwortlichen des Kinderspitals Cécile Wiederkehr, Leiterin Pflege und dem Chefarzt Prof. Otmar Tönz.

Bis zu ihrer Pensionierung 1996 ist sie Schulleiterin der LU-SO-Schule. Mit grossem Engagement hat sie diese Schule aufgebaut und stets fachlich kompetent weiterentwickelt. Immer wieder betonen Ehemalige der LU-SO-Schule, wie dankbar sie sind, eine so gute fundierte Pflegeausbildung absolviert zu haben.

In ihrer beruflichen Zeit ist für Priska auch die eigene Weiterbildung und Entwicklung sehr wichtig: die Gruppendynamik und Selbsterfahrung in Gruppen, die Qualifikation und Führung von Mitarbeitenden, das kontinuierliche Dranbleiben beim exemplarischen Lernen und Führen von Gruppen mit Elementen der Gestalttherapie und Bioenergetik.

Alle, die Priska als Vorgesetzte erlebt haben, durften von Priskas Wissen und Können profitieren. Sie ist immer da bei Fragen und Unsicherheiten und hat unsere Entwicklung als Lehrerinnen gefordert und gefördert. Wir durften einen grossen Freiraum nutzen und unsere Ressourcen und unsere Kreativität leben. Dafür sind wir ihr sehr dankbar. Auch wenn Priska keine Freude an Kündigungen ihrer Lehrerinnen hat, gönnt sie uns die persönliche Weiterentwicklung. Sie sagt mir (Magdalena Fuchs) noch eine Woche vor ihrem Sterben, dass sie stolz sei auf die Laufbahnschritte ihrer ehemaligen Mitarbeitenden. Auch deshalb sind viele ihrer Teamkolleginnen mit ihr in vertrautem Kontakt geblieben.

Konzeptarbeit und Weiterentwicklung des Schwerpunkts Kinderkrankenpflege

10 Jahre lang präsidiert Priska den Fachausschuss für Kinderkrankenpflege des SRK und ist ein gefragtes Mitglied der Richtlinienrevisionsgruppe.

3 Jahre ist sie Präsidentin der Schweizerischen Schulleiterinnenkonferenz KWS (Kinderkranken-,Wochen- und Säuglingspflege)

In der Projektleitung der Curriculumsentwicklung an der LU-So-Schule modernisiert sie den Lehrplan für ein 4 jähriges Programm zum Diplomniveau II.

Vor ihrer Pensionierung 1996 ist sie gefragt in der Projektgruppe «Schulen für Pflegeberufe Luzern» des Kantons Luzern zur Klärung einer Zusammenlegung und gemeinsamen Führung von 3 Pflegeschulen.

In ihrer Publikation «Vom Wickelkind zur Kinderkrankenpflege – eingewickelt – entwickelt-ausgewickelt» schreibt Priska im Schlusswort: «Für die Zukunft hoffe und wünsche ich, dass dem Gebiet der Kinderkrankenpflege in den neuen Programmen genügend Beachtung geschenkt wird» 

Dieser Wunsch bleibt aktuell!

Für ihr berufspolitisches Engagement und den grossen Einsatz zugunsten einer qualitativ hochstehenden Kinderkrankenpflege wird Priska von der Sektion Zentralschweiz des Schweizer Berufsverbandes für Krankenpflege SBK zum Ehrenmitglied ernannt.

Den Verein der Ehemaligen Absolventinnen der LU-SO-Schule unterstützt Priska bis zur Auflösung im Jahr 2009. Sie freut sich sehr, dass alle gesammelten Dokumente, Fotos und sogar die Schwesterntrachten dem Staatsarchiv Luzern und dem Historischen Museum übergeben werden, dort für Alle einsichtbar sind und als Zeugnis eines wichtigen Abschnitts der Frauengeschichte erhalten bleiben. 

Stolz ist Priska auf ihr Mitwirken beim Entstehen des Buches «Gegen das Vergessen» Fürsorgerische Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen in Nidwalden, erschienen im Jahr 2024. Sie freut sich, die eindrückliche Vernissage in Stans persönlich mitzuerleben. 

Es ist nicht verwunderlich, dass Priska sich bereit erklärt, im Jahr 2021 im Film «Einsamkeit hat viele Gesichter» der Regisseurin Romana Lanfranconi, einem Projekt des Vereins Familien- und Frauengesundheit, mitzuwirken. 

Nach der Pensionierung 2009 geniesst Priska noch intensiver, was sie auch während der Freizeit im Berufsleben pflegte: Einen abwechslungsreichen Alltag mit vielseitigen Kontakten. Sie singt im Singkreis Maihof. Der von Judith Stamm gegründete Stamm gehört zu ihrem Wochenritual. Priska liebt die Zeit in Neggio. Im Tessin lebt sie ihre lyrische Ader. Sie geht wandern. Priska ist viel auf Reisen, mit ihrer Schwester Marlis, mit ihren Freundinnen. Sie besuchen Konzerte, Opern, Kulturstätten und Museen. Priska liebt Formen und Farben. Sie sammelt Kunstbilder und schöne Foulards in allen Variationen. Priska ist es ein grosses Anliegen all ihre Reisen ausführlich mit Worten und Bildern zu dokumentieren.  

In guten Zeiten liest Priska drei Bücher pro Woche, aktuelle Literatur, Politik, Religion oder auch Berichte von Frauen auf abenteuerlichen Reisen. Wer unter uns hat nicht mal mit ihr über einen Buchinhalt diskutiert oder Priska gerne zugehört, wenn sie darüber erzählt. Auch im Altersheim will sie informiert sein. Priska studiert täglich die Luzerner Zeitung, verfolgt die Tagesschau und sammelt, was ihr kulturell und politisch wichtig erscheint. Sie verpasst keine politische Abstimmung.

Priska wählt vorausschauend Franziska und Markus Zurkinden als ihre Wahlfamilie und Vertraute. Sie geniesst das Zusammensein mit Kindern und Enkeln an Festtagen und immer wieder im Garten.

Seit Jahrzehnten kennt Priska Körperschmerzen als Folge ihrer üblen Skoliose. Meist erträgt sie die Schmerzen still und tapfer. Doch ab Herbst 2022 plagen Rheuma und Arthrose sie heftiger. Jedes Aufstehen z. B. wird qualvoll. Als Priska ihren gewohnten Lebensalltag nicht mehr ausleben kann, entscheidet sie sich nach hartem Ringen für die Aufgabe ihrer geliebten Dachwohnung an der Mühlemattstrasse, Luzern.

Der Abschied im August 2023 vom Stadtleben und die Eingewöhnung in den Kosmos Landgut Unterlöchli ist für Priska strapaziös. Viele Gewohnheiten muss sie opfern und jeder Verlust an Selbstbestimmung fordert ihr eine Anstrengung ab. Auflockerung und Tapetenwechsel bringen viele liebe Besuche und Telefonate. Sie pflegt ihre Kontakte und schätzt den Austausch. 

Priska leidet, als ihre Kräfte noch mehr nachlassen und sie Kontakte dosieren muss. Für Priska völlig ungewohnt, muss sie am Ende vereinbarte Besuche absagen. Ihr Körper gibt den Takt an. Einmal erzählt Priska, wie sie auf eine kurzfristige Absage eine wunderbare Antwort erhielt: «Sie schliessen mich in ihr Heilgebet ein, das tut mir gut. Nur die Liebe zählt, da bin ich ja der gleichen Meinung. Vielleicht sehen wir uns noch einmal, hier oder drüben, was auch immer«. 

Beim Pflegepersonal im Unterlöchli ist Priska beliebt. Auf einer Karte steht: «Es ist schön, Sie bei uns zu haben. Ein kleiner Sonnenschein in meiner Arbeitszeit».

Am 04. März 2025 rühmt Priska, wie gut sie sich nun im Altersheim eingelebt hat. So könne sie sich gerne noch ein paar Jahre vorstellen. Am Freitag, 07. März alarmiert sie Franziska und Markus, dass sie auf dem linken Auge nicht mehr sehen kann. Im Spital wird ein Hirnschlag diagnostiziert. In der darauffolgenden Nacht erleidet Priska zwei weitere Hirnschläge. Sie ist halbseitig gelähmt. Priska bleibt kämpferisch: Wenn ich es bisher geschafft habe, dann schaff ich auch das. 

 «Jetzt ist mein Leben vollbracht und ich darf auf mehr als 90 gute Lebensjahre zurückblicken».

Für viele Menschen bleibt Priska eine fürsorgliche Freundin, liebevolle Kollegin, eine interessante Gesprächspartnerin und eine weltoffene Frau, ein Vorbild. 

Traurig nehmen wir Abschied. Liebe Priska, wir bewahren Dich in liebevollster Erinnerung. 

 

Lebenslauf zusammengestellt von

Franziska und Markus Zurkinden und Magdalena Fuchs Genzoli, 25. April 2025